Quo vadis, Fotojournalismus?

Skepsis ist angesagt ...

Skepsis ist angesagt ...

Es ist Skepsis angesagt für Freie in der Medienbranche. Denn was da momentan so abgeht, das ist schon bemerkenswert. „Geiz ist geil!“ scheint in allen Bereichen, in denen es darum geht Löhne oder Gehälter oder Honorare zu bezahlen zur Devise zu werden. Die Abzocker finden sich nicht nur bei den Bankern, nicht nur bei Arcandor investieren die Eigentümer nullkommanix zum Erhalt der Arbeitsplätze. Es stellt sich einem ernsthaft die Frage, wohin es gekommen ist mit so Werten, die man Anstand und Moral nennt. So etwas wie soziale Verantwortung.

Journalisten haben nicht nur Probleme mit Unternehmen (was Gegenstand des Heftes 06/2009 von journalist ist, dem Organ des DJV, dessen Titel und Aufmacher ich stolz bin zu „zieren“), nein, sie haben auch mit quasi ihren eigenen Unternehmen, ihren Vertragspartnern, Probleme, mit den Medienhäusern.

Erhalte ich doch ein Schreiben vom Chef vom Dienst einer Mediengruppe, die Tageszeitungen im norddeutschen Raum herausgibt.

Es geht um den Relaunch des Internet-Auftritts und die in dem Zusammenhang „angepassten“ Honorarsätze für Online-Verwendungen und zeitgleiche Print- und Online-Verwendungen.

Ich kam aus dem Staunen und Kopfschütteln gar nicht mehr heraus.

Je mehr die verwenden, desto geringer wird das „Honorar“ pro Bild!

Am Ende liegt das unter einem Euro.

Ich habe mich schon ernsthaft gefragt, ab wann ich dem Verlag etwas bezahlen muss, wenn sie meine Bilder verwenden …

Ich habe dem „Kollegen“ (mit Cc an den DJV) eine Mail geschickt, die ich gerne nachstehend bekanntgebe.

Sehr geehrter Herr …. ,

Ihr o.g. Schreiben haben wir mit einem Anflug ungläubigen Erstaunens gelesen und uns in der Tat gefragt, ob das Ihr Ernst ist, was Sie da zum Besten geben.

 Langer Rede kurzer Sinn:
Ihr sog. „Angebot“ wird von uns abgelehnt!

Ich möchte aber durchaus noch ein paar Worte dazu verlieren.

Wenn ich so Ihre Honorartabelle durchgehe, dann sehe ich das doch wohl so, daß das Honorar mit steigender Anzahl Verwendungen pro Bild immer geringer wird.

Schlußendlich toppt es gar Microstock.

Insofern würde ich doch empfehlen, für Ihren Illustrationsbedarf gleich dort einzukaufen.

Und sicher gibt es auch Heerscharen von Hobby-Knipsern und sogenannten „Citizen Journalists“, die sich über solche Almosen freuen.

Wir nicht!

Wir wollen mit unserem guten Material nämlich auch gutes Geld verdienen.

Deswegen gelten für unser Material ausschließlich unsere Konditionen. Und das sind die MFM-Honorare.

Auch denke ich nicht, daß Sie selbst beispielsweise (mir sind so die Gehälter von CvD’s durchaus geläufig) zu solchen Konditionen auch nur einen Finger krümmen würden. Sorry, aber nix für ungut.

Erlauben Sie mir auch noch den Hinweis, daß es doch sehr verwunderlich ist, wie Sie „Zweitverwendung“ auslegen. Denn ein „Gebietsschutz“ in Ihrem Einzugsgebiet ist nach gesicherter Rechtsauffassung klar eine Erstverwendung. Oder sollte ich da so fehlinformiert sein?

Und „kostenlose Nutzungen“ sind an Unverschämtheit nicht mehr zu übertreffen! Es ist erschütternd, wenn Journalisten Kollegen solche Ausbeuterkonditionen anbieten. In meinen Augen nicht mit dem Ethos des Berufsstandes zu vereinbaren.

Last but not least: sollten Sie Bildmaterial von uns digital oder analog archiviert haben, so ist dieses umgehend zu löschen.

Mit freundlichen und kollegialen Grüßen

Dipl.-Verw.wirt
Franz Roth

Mal so ganz nebenbei in dem Zusammenhang: wer die üblichen Konditionen kennt, ist klar im Vorteil. Und setzt sich nicht dem Risiko aus, solche unmöglichen „Angebote“ zu akzeptieren. Denn, vergessen wir nicht: Die Honorarsituation für Freie ist seit guten zwei Jahrzehnten stagnierend. Früher (ewige wehmütige Notalgie!) war Pressefotograf ein interessanter Beruf mit einem halbwegs vernünftigen Einkommen. Heute hingegen soll es glaubhaften Gerüchten zufolge bereits zur Genüge Kollegen geben, die lieber Taxi fahren …

Deswegen hier ein Link zur entsprechenden Informationsseite des DJV:

http://www.djv.de/Honorare.517.0.html

Und in dieser Tabelle stehen ganz am Ende auf der letzten Seite auch die üblichen Honorare für Bilder auf dem aktuellen Stand 2009. Auch nicht so ganz uninteressant zu sehen, was die Kollegen Festangestellte so verdienen (CvD-Gehälter sind da natürlich nicht drin, die unterliegen freier Vereinbarung und liegen deutlich über den Redakteursgehältern).

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12 Antworten to “Quo vadis, Fotojournalismus?”

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  2. A Personal Review -1986 bis heute « Pressebuero Franz Roth Says:

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  5. Film vs. digital – quo vadis photography? « Pressebuero Franz Roth Says:

    […] Quo vadis Fotojournalismus […]

  6. Franz Roth Says:

    Aus meiner Rubrik „Aus dem Nähkästchen geplaudert“, wie man sich seine Nischen schafft, um auch in harten Zeiten halbwegs erfolgreich zu sein:

    http://borderline-press.blogspot.com/search?q=n%C3%A4hk%C3%A4stchen

  7. Franz Roth Says:

    Vertriebswege und Chancen:

    http://borderline-press.blogspot.com/2009/10/go-international-and-be-artist-too.html

  8. Franz Roth Says:

    Zum Thema „Royalty Free“:

    http://borderline-press.blogspot.com/2009/10/was-bei-mir-so-bei-rf-lauft.html

  9. Franz Roth Says:

    Siehe zum gleichen Thema;
    https://rothfranz.wordpress.com/2009/07/01/von-freelens-g-day-jahreszeiten-verlag/

  10. Franz Roth Says:

    Zu dem ganzen ärgerlichen Thema noch ein Beitrag beim DJV:

    http://frei.djv-online.de/?p=462

  11. rothfranz Says:

    Hallo, Karl,

    es liegt – um bei meinem Beispiel mit der Redaktion zu bleiben – auch daran, daß manche Personen in bestimmten Positionen andere als „Dummbeutel“ ansehen. Der Fotograf ist halt „der Knipser“. Der Freie oft gar „der dumme Knipser“ (weil er ja nirgendwo gegen gesichertes Salär angestellt ist, und wer keine feste Anstellung hat, der muß ja blöd sein). Daß es unter den „dummen Knipsern“ so manchen gestandenen Akademiker gibt, übersehen die Herrschaften in den Chef-(vom Dienst)-Etagen manchmal gerne ganz geflissentlich.

    Und so ist für Frau Schickedanz (zum Bleistift, äh, Beispiel) gewiß die Kassiererin bei Karstadt bestimmt auch eine Person, die weit unter ihrem Niveau ist. Die es nicht „wert“ ist, auch nur einen Gedanken an sie zu verschwenden.

    Ich sage dazu (weiß nicht mehr, von wem der Spruch stammt):

    „Bei der Vielzahl der Bedürftigen muß man sparsam umgehen mit seiner Verachtung.“

  12. Karl Says:

    Die Sache mit der sozialen verantwortung wird heutzutage wohl wirklich hauptsächlihc so ausgelegt, dass jeder für sich soziale Verantwortung übernimmt und das am besten so umfangreich und ergiebig wie möglich und am besten ausschließlich auf Kosten anderer. Dass das auf Dauer im Kreislauf der Dinge nicht funktionieren kann, merken wir ja nun alle so langsam. Doch noch sind wir wohl lange nicht an dem Punkt, an dem es allen wirklich weh und leid tut. Noch kommen die Verantwortlichen leider meist gut davon, egal ob bei Konzernen wie Arcandor oder in einer Redaktion.

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