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Neues aus dem Gartentagebuch

22. Juli 2010

Wir hatten uns etwas Urlaub gegönnt. So ab und an muß das sein. Sonst wissen auch professionelle Journalisten irgendwann nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht. Da unterscheiden wir uns nämlich nicht von anderen arbeitenden Menschen in heutigen stressigen Zeiten.

Wir möchten aber nicht einstimmen in das wieder auflebende Wehklagen, der Bildermarkt breche – wieder mal (!) – völlig zusammen. Man könne nur noch mit Auftragsfotografie und News etwas Geld verdienen. Der Stockmarkt sei tot. Die Portale würden noch nicht mal mehr die Kosten reinbringen. Und was man noch so alles hört und liest.

Und deshalb muß man sich eben von Zeit zu Zeit eine (kreative) Auszeit nehmen und den Kopf wieder frei machen. Um schlußendlich dann eben doch festzustellen, auf dem richtigen Weg zu sein. Denn der Bedarf an Bildern, an interessanten und kreativen Symbolbildern ist heutzutage so hoch wie nie. Auch wenn die Printmedien gewisse Einbrüche zu verzeichnen haben, es gibt sie und wird sie geben. Und gerade und im Besonderen auch die Special Interest Zeitschriften. Und eines muß man auch als Journalist erkennen: gerade dann, wenn die Zeiten hart sind, dann suchen sich die Menschen gerne ihr kleines persönliches Paradies. So wie eben den eigenen Garten, in dem man rumwerkeln und die Sorgen des Alltags zumindest zeitweise vergessen kann. Die Rückzugsinsel für das kleine Glück.

Das "kleine Paradies"

Uns geht es doch genauso. Unser Garten ist ein Refugium. Auch, wenn wir dort unsere Produktionen machen. Genaugenommen verbinden wir (was kann es Schöneres geben?) Hobby und Profession. Klar, man muß hartnäckig sein und systematisch und konsequent sein Angebot ausbauen. Man muß sich abheben, einen eigenen visuellen Stil entwickeln. Quasi eine unverwechselbare Marke. Und hoffen, daß er ankommt, der Stil, die Marke.

Und aus einem eigenen Stil, einer eigenen Handschrift, einem Angebot im Paket mit allem Drum und Dran, mit Foto, Film, Text und Illustration, daraus resultieren schlußendlich durchaus auch lukrative Aufträge. Weitab vom Streß der News-Fotografie. Denn nicht nur News-Fotografen werden gebucht. Und auch nicht nur Werbefotografen.

Impressionen aus unserem Garten

Es hat sich, seit wir (erst quasi der Not gehorchend) unser Themenspektrum auf Home and Garden bzw. Country Living verlegt haben, gezeigt, daß hier ein ernormer Bedarf besteht. Und das, obwohl man doch hier, im Bereich der „Blümchenfotografie“ eigentlich von einem gesättigten Markt hätte ausgehen können.

Doch was ist das denn, ein gesättigter Markt? Wann ist denn ein Markt „gesättigt“? Denn das sind so Schlagworte, hinter denen ich, ehrlich gesagt, herzlich wenig Substanz sehe. Denn, nochmal denn, ein Markt ist per se dann „gesättigt“, wenn nach Produkten keine Nachfrage besteht. Wenn sich für das Angebot, meinetwegen auch das Überangebot, niemand mehr interessiert. Und das ist nun gerade im Bereich Home and Garden, Lifestyle und auch Natur keineswegs der Fall. Im Gegenteil. Es existiert eine riesige Nachfrage. Naturführer, Ratgeberseiten, Internetangebote, alles ist zu illustrieren.

Und das ist auf lange Sicht ein Wachstumsmarkt. Auf dem es sich lohnt, kreativ zu sein, Ideen zu entwickeln, Angebote zu unterbreiten. Gut, dazu gehört ein „langer Atem“, wie man so schön sagt, und dazu bedarf es auch gewisser (in der Tat nicht geringer) finanzieller Investitionen (und seien es die Gebühren für die eigene Portal-Präsenz), aber das sind Dinge, die sind normal, für den Professionellen nichts „Außergewöhnliches“. Auch die Investitionen. Denn: „Who is looking for Dimes cannot earn Bucks!“ Oder: „Man muß in jedes Geschäft erst mal ein bißchen was investieren!“

Wir jedenfalls, um damit den „Schlenker“ zurück zum Einstieg zu machen, wir sind nicht unzufrieden. Unsere „Marke“ kommt mittlerweile an. Es hat sich im wahrsten Sinne des Wortes gelohnt, der schnellebigen aktuellen Fotografie Lebewohl zu sagen. Es schont die Nerven und die Gesundheit, auf die man mit fortgeschrittenem Lebensalter schon ein bißchen achten sollte.  Es heißt ja auch nicht, daß man nun rein gar nichts Aktuelles mehr machen würde (immerhin hat man ja auch zu Aktualitäten noch immer alles Mögliche und Unmögliche an zeitlosen Symbolfotos im Archiv, nicht wahr), aber es heißt, nicht mehr hinter den aktuellen Ereignissen herzujagen, wie man das zwanzig Jahre lang gemacht hat. Es heißt, die Arbeit nun etwas „gemächlicher“ angehen zu lassen, mit mehr Ruhe und Gelassenheit. Und mit – ab und zu – auch etwas Zeit für einen kleinen Urlaub.

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Paris, mon amour (II)

5. Dezember 2009

Paris, mon amour!

Über Paris hatte ich schon einen Artikel geschrieben. Doch ein Artikel ist nicht ausreichend, die unbeschreibliche Faszination zu vermitteln, die von der französischen Hauptstadt ausgeht, von dieser Welt-Metropole. Die ja einiges mehr in petto hat als die allseits bekannten touristischen Sehenswürdigkeiten wie Sacre Coeur, Notre Dame oder Eiffelturm.

Deswegen möchte ich in meinem zweiten Beitrag die etwas weniger bekannten und geläufigen Ansichten dieser Stadt noch etwas mehr betonen. Sozusagen „Paris inside“, „Paris dedans“, gesehen von einem Insider („Connaisseur“ auf französisch), der mit der Stadt und ihren Menschen vertraut ist. Mein persönliches Paris.

Ich als Fotoreporter in Paris, nahe Place de la Bastille, Februar 1986

Mein persönliches Paris, das ist das Paris, der Stadtviertel, des Quartier. Und das hat vielfach wenig zu tun mit dem Paris der Klischees, mit der Seine-Metropole, der Stadt der Liebe und des leichten Lebens.

Paris „en interieur“ hat so viele Gesichter, daß nicht umsonst Generationen von Reportern ein Leben lang damit beschäftigt waren, diese Stadt und ihre Menschen zu dokumentieren und sie und ihr Leben in Bild und Film festzuhalten. Auch ich könnte die Mammutaufgabe einer umfassenden fotografischen Dokumentation nicht leisten und so wird auch dieser Artikel wieder nur ein Anriß sein können.

Aber einer, der vielleicht Lust darauf macht, auf eigene Entdeckungsreise zu gehen in das Innenleben von Paris.

Street Photography im klassischen Sinne soll daher heute mein Thema sein, und zum Teil auch im klassischen Schwarzweiß. So wie das Bild unten von einem Süßigkeiten-Verkaufsstand in der Nähe der Place de la Bastille.

Auch die etwas anderen Ansichten Pariser Sehenswürdigkeiten will ich präsentieren. So leer und frei von Autos sieht man die Pariser Oper nicht oft. Nur ein einsamer früher Pendler, der die Metrostation verläßt. Um zu solchen Aufnahmen zu kommen muß man früh aufstehen. Ein Sonntagmorgen war das, sieben Uhr. Der einsame Passant sicher Kellner in einer der Bars, Cafés und Restaurants rundum auf dem Weg zur Arbeit.

Denn an einem Samstagabend, um 20:00 Uhr, wenn tout Paris ausgeht um sich zu zerstreuen und zu amüsieren, dann sieht es an l’Opera ganz anders aus.

„Flic“ regelt den Verkehr, Opera

Ein Teil der Pariser ist schon unterwegs zum Vergnügen, derweil der andere Teil sich noch auf dem Weg von der Arbeit nachhause befindet. Es herrscht ein unbeschreibliches Verkehrschaos, verstopfte Straßen und Gassen, hektisches Hupen, Nervosität.

Zurück ins Quartier. Ins Viertel. Den wahren Lebensraum des Parisers. Er ist mit seinem Viertel verwurzelt. Der „kleine Mann“ in den Vierteln der kleinen Leute. Die Reichen und die Schönen in den noblen Vierteln. Rund um die Place Vendôme etwa. Das wahre Pariser Leben spielt sich in den Stadtvierteln ab. Und die sind wie lauter Städte in der Stadt. Jedes Arrondissement ist eine eigene kleine Stadt. Die Quartiers sind Lebensmittelpunkt. Eigentlich verläßt man sein Viertel nur, um auszugehen und zur Arbeit, wenn dies in einem andern Teil der Stadt ist. Die Bar um die Ecke, wo man sich abends trifft. Dort spielt sich das Leben ab. Mit seinen kleinen und großen Dramen. Seinen kleinen und großen Freuden.

Paris ist auch eine Stadt im ständigen Wandel. Schon im 19. Jahrhundert wurden die alten Festungswälle niedergerissen, um breite Boulevards anzulegen. Der Name Boulevard weist noch darauf hin. Denn Boulevard ist das französische Wort für Bollwerk. Und die Boulevards wurden keinesegs angelegt, um breite Prachtstraßen zu sein, sondern um auf den Pariser Pöbel („le peuple“, das Volk), so er denn mal wieder Revolution zu machen gedachte, besser mit Kartätschen schießen und die Kavallerie zum niederhauen zum Einsatz bringen konnte.

Und so zeigt sich auch heute in Paris immer wieder der Verfall einerseits, und sei es, daß die Leuchtreklame eines Selbstbedienungs-Restaurants defekt ist, und andererseits die Renovierung alter Häuser in den Vierteln. „Avec charactére“, also eine Luxussanierung, die die Alteingesessenen aus ihren Häusern und Stadtvierteln vertreibt, weil sie sich die Wohnung nicht mehr leisten können.

Verfall und Luxus-Sanierung, vielfach zu Lasten der Armen und Alten im Quartier

Wie nah sich das Paris des Glanzes und der touristischen Attraktionen, das Paris der Bohéme, des leichten Lebens und das Paris der Armut allenthalben sind, läßt sich auch aus unserem kleinen Film „Paris im Herbst“ leicht ersehen (Kamera: Roland Schmitt).

Und die Stadt Paris kämpft nicht nur permanent gegen den Smog, der alle Bauwerke schnell wieder schwarz werden läßt, wenn sie grade frisch sandgestrahlt sind, so wie hier das Pariser Rathaus.

Paris kämpft auch im wahrsten Sinne des Wortes gegen die Scheiße an. Gegen Hundekacke.

Denn auch die ist allgegenwärtig wie die Hunde selbst. Und die müssen nun halt mal, die armen Viecherl. Und nicht jeder Hundebesitzer empfindet große Freude daran, die Tretminen seines Lieblings auch wieder mitzunehmen und schuhsohlenverträglich zu entsorgen.

Ich beende diesen Artikel mit einem „versöhnlichen“ Bild. Sacre Coeur von hinten. Ein Wintermorgen auf dem Montmartre.