Im letzten Jahr schon hatte ich über das dereinst schönste Haus der Stadt Pirmasens in der Südwestpfalz berichtet. Und irgendwie hatte man doch die Hoffnung gehegt, daß dieses architektonische Kleinod vor einem unwürdigen Tod bewahrt werden könne.
Die Villa Loeser befindet sich in erbärmlichem Zustand
Aber ein Jahr später, im Herbst des Jahres 2010, präsentiert sich das Haus in einem erbarmungswürdigen Zustand. Es gelitten durch den harten Winter 2009/2010. Fenster sind zerschlagen oder stehen einfach offen. Es drängt sich der Eindruck auf, man will das Haus garnicht erhalten.
Und die Auffassung wird auch dadurch bestärkt, daß der bislang einzige Interessent, eine Firma, dieses Juwel nur auf Abriß erwerben will! Um einen Supermarkt zu bauen? Einen Schuhverkauf? Ein sonstiges Gewerbeobjekt?
Ein paar Zahlen und Fakten:
Zur Zeit wäre das Gebäude für 80.000,– € zu erwerben. Ein Käufer könnte ggf. (wenn er ein Erhaltungskonzept vorlegt) mit einem Entgegenkommen der Stadt Pirmasens rechnen (die Hauptgläubiger in der Erbschaftssache ist). Für einen Erhalt und Instandsetzung ist von zusätzlichen Investitionen in Höhe von ca. 600.000,– € auszugehen.
Doch offensichtlich ist auch keiner der in Pirmasens reichlich vorhandenen Millionäre bereit, etwas zum Erhalt des Gesichtes seiner Stadt beizutragen. Auch nicht der Rotary Club, der dereinst (oder war’s der Lions Club?) mit dem im Volksmund „Ochsenbrunnen“ genannten pompösen Brunnen an den Schloßtreppen nicht genug „klotzen“ konnte.
Der pompöse Schloßbrunnen mit der Stierplastik
Nur für ein wirkliches und echtes Stück des alten Pirmasens scheint niemand ein Herz zu haben. Für ein Kleinod, das jede andere Stadt dieser Welt wie ihren Augapfel hegen würde. Nicht so bislang in Pirmasens.
Ich bin Pirmasenser und mir blutet das Herz, zu sehen, wie ein Stück ihres Gesichtes wohl verschwinden wird. Verschwinden soll?
Ich möchte es mal so sagen, sehr scharf formuliert, aber in meinen Augen sehr treffend: Pirmasens, eine Stadt schafft sich ab!
Die Drehscheibe Südwestpfalz hat nun ein gutes halbes Jahr hinter sich gebracht. Es war eine interessante Zeit gewesen und es ist einiges an recht interessantem journalistischem Material entstanden. In Wort, Bild und Film. Für mich Ansporn, diese Reihe weiter zu betreiben. Wir haben Aufmerksamkeit gewinnen können für die allgemein weniger bekannten Regionen im Südwesten Deutschlands und im angrenzenden Frankreich.
Wir konnten die schönen und die problematischen Seiten der Region aufzeigen. Vom Naturwunder bis zum unglaublichem Umgang mit Kulturgütern. Wir konnten Informationen und Wissenswertes weitergeben und wir konnten den Finger in die Wunde legen. Beides war auch mein Ziel gewesen, als ich dieses Label intiierte.
Das Filmmaterial der Reihe finden unsere Zuschauer in einer eigenen Playlist auf You Tube.
Die Filme, die mir wichtig sind
Die „Drehscheibe Südwestpfalz“ war so noch gar nicht projektiert, als ich den Clip über den Tabakanbau im Gebiet von Kandel machte. Pfälzer Tabak ist ein Qualitätsprodukt und brachte dereinst den Anbauregionen Wohlstand.
Die unsinnige Verteufelung des Tabakgenusses wird hier einschneidende Veränderungen mit sich bringen. Gottseidank sind die Pfälzer so traditionsbewußt, daß, auch wenn der Tabakanbau rückläufig werden wird, sie nicht etwa die Trocken- und Fermentierungs-Speicher niederreißen werden. So wird verhindert, daß eine ganze Region ihr Gesicht verliert.
Ein anderer kleiner Ort in der Südwestpfalz hat leider sein Gesicht verloren.
Abriß eines Kulturdenkmals
Mit der Streichung aus der Denkmalliste und dem Abriß des Herrenhauses aus dem 18. Jahrhundert auf dem Felsenbrunnerhof ist ein Kulturdenkmal für immer verschwunden.
Es bleibt zu hoffen, daß sich eine solche Kulturschande mit der Villa Loeser in Pirmasens nicht wiederholen wird. Auch darüber berichteten wir.
Mystic Places – Mystische Orte – das Geheimnis der Steine
Jenseits der französischen Grenze und dort wiederum ziemlich genau auf der Grenze zwischem dem Elsaß und Lothringen gibt es einen alten kultischen Ort mit einem alten christianisierten Menhir. Den Pierre des Douze Apôtres, den Zwölf-Apostel-Stein, auch Breitenstein genannt.
Die Zitadelle von Bitche
Dieser mythische Ort liegt im Pays de Bitche, dem Bitscherland, mit der Stadt Bitche (Bitsch) im Zentrum, auch heute noch Garnison. Und eine alte Festungsstadt. Die weithin sichtbare Zitadelle wurde dereinst, wie sollte es in Frankreich anders sein, von Vauban erbaut.
Und hier noch der Film zum „Making of …“
Ein Beinhaus aus dem 11. Jahrhundert – der Ossuaire von Schorbach
Unweit von Bitche liegt die kleine Gemeinde Schorbach. Und dieser kleine Ort hat eine ganz besondere kulturgeschichtliche Besonderheit aufzuweisen. Das mittelalterliche Beinhaus auf dem Friedhof bei der Kirche.
Für meine Frau und mich hat dieser heilige Ort eine ganz besondere Bedeutung. Gedenken wir doch hier unserer Verstorbenen.
Die Mardellen von Vinningen und die Lothringer Kreuze
Wieder auf deutscher Seite finden wir zum einen bei der Ortschaft Vinningen zwei Mardellen, Einstürze, Dolinen auf der Hochfläche.
Und an einer Reihe von Stellen auf der „Hackmesserseite“ genannten Region die sogenannten Lothringer Kreuze.
Einmalig in Europa – der deutsch-französische Kindergarten in Liederschiedt
Zur Hackmesserseite gehört auch der Ort Schweix. Und in dessen Nachbarort Liederschiedt in Lothringen (Department Moselle) befindet sich der einzige grenzüberschreitende deutsch-französische Kindergarten in Europa.
Europas älteste Schuhfabrik: Peter Kaiser in Pirmasens
Pirmasens nannte sich einmal mit Fug und Recht „Deutsche Schuhmetropole“. Auch wenn weithin vom alten Glanz nicht allzu viel geblieben ist, so ist in der Stadt aber dennoch immer noch die älteste Schuhfabrik Europas beheimatet.
Zeugnis vom deutsch-französischen Krieg 1870 – 1871
In Woerth, wo eine der ersten blutigen Schlachten im Jahr 1870 tobte, erinnert ein Museum an dieses dunkle Kapitel der deutsch-französischen Geschichte.
Auch aus kriegerischen und feindseligen Zeiten stammen die kaum mehr auffindbaren Bunker des Westwalls im Pfälzerwald. Auch sie finden unsere Aufmerksamkeit, um (nicht nur diese gesprengten Überreste) vor dem Vergessen zu bewahren.
Soweit mein kleiner persönlicher Rückblick auf eines meiner – für mich – interessantesten journalistischen Projekte. Zugleich auch eine Wiederannäherung an meine Heimatregion. Ein „back to the roots“. Wir hoffen, damit Ihr Interesse zu finden und werden auch weiterhin für Sie unterwegs sein.
Foto- und Filmaterial des vorstehenden Clips: Irmgard Roth
Und schon habe ich eine neue Kulturschande in der gleichen Region entdeckt. Es geht um die Villa Loeser in Pirmasens. Ein rund 100 Jahre altes architektonisches Kleinod in nahezu originalem Zustand.
Die Villa Loeser in Pirmasens
Und auch ihr droht der Abriß!
Geradezu makaber wirkt da das auffällige Plakat mit der Aufschrift „Hier werden Sie geworben“ an der Bushaltestelle vor dem Haus. Es spricht dem erbärmlichen Zustand dieses wertvollen Gebäudes Hohn. In diesem Haus lebte und arbeitete der Pirmasenser Fotokünstler Wolfgang Loeser, der im Jahr 2004 verstorben ist. Die Villa war sein Elternhaus.
Andere Städte würden dieses Haus liebevoll sanieren, eine Gedenktafel anbringen und ein Museum zum Werk des Künstlers einrichten.
Aber doch nicht die „Pleitestadt Deutschlands“! Doch nicht die Stadt mit der bundesweit höchsten Zahl an Privatinsolvenzen und der gleichzeitig höchsten Millionärsdichte in Rheinland-Pfalz.
Pardon, wenn ich hier polemisiere, aber Kultur – und ich rede, äh, schreibe hier als ein gebürtiger Pirmasenser -, Geschichts-Bewußtsein, Bewahrung eines Erbes, das ist hier ein fürchterliches Fremdwort. Wer alt genug ist, der erinnert sich noch an den Teil-Abriß (vorgesehen war der vollständige Abriß) des sog. Schützendreiecks in den 70-er Jahren zugunsten einer breiten Durchgangsstraße. Auch damals schon sollte ein wertvolles geschlossenes Architektur-Ensemble bedenkenlos und unwiderbringlich dem „Fortschritt“ geopfert werden. Und wie es scheint, hat sich an dieser Mentalität bis heute wenig geändert. Kultur und Geschichte werden geopfert. Für was aber? Für Profit! Für Spekulanten. Für die, die immer und überall den großen Reibach machen wollen. Für den shareholder value.
So fördert und entwickelt man keine Region und keine Stadt, so macht man sie nicht attraktiv, nicht lebens- und liebenswert, wenn man sie ihrer Schönheiten und ihres Gesichtes beraubt!
Aufnahmen der Objekte Felsenbrunnerhof und Pirmasens in unserer Bilddatenbank (Ansicht bis Preview möglich, High-Res-Download nur für registrierte User).
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